Interview zum Welt-Diabetes Tag 2020
Zwei junge Männer berichten hier vom Umgang mit Diabetes I – und dass es wesentlich mehr Aufklärung über die Stoffwechselerkrankung braucht.
Wie und wann hast Du von Deiner Erkrankung erfahren?
Interviewpartner 1: Von meiner Erkrankung erfuhr ich im Alter von fünf Jahren. Ich hatte mehrere Wochen immer noch mehr getrunken. Als ich schließlich auch nachts trinken musste, hatten meine Eltern bereits den Verdacht, dass ich Diabetes haben könnte. Wir waren an einem Freitag beim Hausarzt. Sie haben mir riesige Ampullen Blut abgenommen, weil die Kinderampullen aus waren. Das Ergebnis sollte am Montag kommen. Danach waren wir noch beim Zahnarzt. Der war überrascht, dass kein Schnelltest gemacht wurde. Daraufhin haben meine Eltern eine Bekannte mit Diabetes eingeladen. Nach einem Test mit ihrem Blutzuckermessgerät hatte ich einen Wert über 600. Wir haben im Krankenhaus angerufen und sind losgefahren. Das war Glück. Bis Montag hätten wir nicht warten können. Ich wäre ins Koma gefallen.
Interviewpartner 2: Ich habe ein Geschwister mit Diabetes und ähnlichen Symptomen. Die Blutzuckermessung ergab Werte deutlich über dem Normalbereich.
Mit welchen Herausforderungen lebst Du mit Diabetes in Deinem Alltag? Was ist für Dich manchmal besonders schwierig?
Interviewpartner 1: Es ist sehr nervig, jedes Mal vor den Mahlzeiten messen und Insulin spritzen zu müssen. Auch bei körperlichen Aktivitäten oder im Alltag können zu hohe oder zu niedrige Werte hinderlich sein. Außerdem muss man immer den ganzen Diabeteskram mitnehmen. Man kann keinen Moment unbeschwert und frei leben.
Interviewpartner 2: Bei fast allem, was man macht, muss man den Diabetes einplanen, spontan geht nicht wirklich viel.
Wie unterstützt Dich Deine Familie dabei? Und Deine Freundinnen und Freunde?
Interviewpartner 1: Meine Familie hilft mir, in dem sie mich, falls nötig, ans Messen bzw. Insulin spritzen erinnert und Arztbesuche regelt.
Interviewpartner 2: Meine Eltern helfen mir durch emotionale Unterstützung und Beratung. Meine Freunde behandeln mich als normalen Menschen.
Was hilft Dir besonders, wenn es Dir mal nicht so gut geht?
Interviewpartner 1: Ablenkung hilft mir am ehesten.
Interviewpartner 2: Ablenkung hilft mir ebenfalls am meisten. Videospiele sind hilfreich, weil man sich (spontan) ablenken kann.
Begegnest Du Vorurteilen gegenüber Deiner Erkrankung? Wie gehst Du dann damit um?
Interviewpartner 1: Das einzige Vorurteil, das mir bis jetzt begegnet ist, ist dass nur dicke Leute Diabetes haben. Mich betrifft das nicht. Wenn dann reicht es zu sagen, dass das meist Typ 2 Diabetes ist. Nervig war meine Lehrerin in der 1. Klasse als sie meinte: „Ach mit Diabetes kenn ich mich aus. Die Mutti hatte ja auch Diabetes. Wir haben das mit Ernährung prima hinbekommen.“ Meine Eltern haben dann den Hausmeister in Diabetes geschult. Die Lehrerin war ja beratungsresistent.
Interviewpartner 2: Viele denken, dass Menschen mit Diabetes dick sind. Ich habe Diabetes, bin aber dünn wie Lauch!
Braucht es Deiner Meinung nach mehr Aufklärung über das Krankheitsbild Diabetes?
Mehr Aufklärung könnte dazu führen, dass Symptome früher erkannt werden – wodurch Schäden vermieden werden könnten. Und eine klare Unterscheidung zwischen Diabetes 1 und 2. Manchmal wäre es besser, der Diabetes Typ 1 hätte einen anderen Namen. Ich hab’s ja nicht bekommen, weil ich zu wenig Sport gemacht und zu viel Süßigkeiten genascht habe.
Diabetes wird zu viel mit Menschen, die es durch ungesunde Lebensweise bekommen haben, in Verbindung gebracht.
Wie könnt Ihr anderen von Diabetes Betroffenen Mut machen?
Auch mit Diabetes kann man immer noch fast alles machen – es ist halt nur bisschen aufwändiger.
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