Pflegetour 2022: Bayerisches Forschungszentrum Pflege Digital

Gemeinsam mit meinem Kollegen Thomas Gehring durfte ich das Bayerische Forschungszentrum in Kempten besuchen:

Professor Johannes Zacher und sein Team forschen im Fokusfeld 2 zu den Bedarfen nach digitalen Unterstützungsangeboten für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige im häuslichen Bereich.
Die Wissenschaftler*innen wollen mit ihrer Arbeit sichtbar machen, welche individuellen Bedarfe und Bedürfnisse Menschen in häuslichen Pflegesituationen haben. Außerdem sollen typische Pflegesituation und -konstellationen identifiziert werden. Gleichzeitig wird durch Interviews mit Betroffenen geprüft, inwiefern Unterstützungsszenarien mit digitalen Medien und technischen Assistenzsystemen in Verbindung zu bringen sind.

Denn: Bereits von verschiedenen Firmen entwickelte Apps, die sich bereits präventiv in den Haushalten etablieren ließen, können sehr frühzeitig bei Pflegeproblemen unterstützen und so alle beteiligten vor Überforderung schützen.

Laut BZPD stellt es sich aber als die größte Herausforderung heraus, solche Angebote in die Lebenswirklichkeit der Betroffenen zu integrieren.
Ziel ist es jedoch, dass die Befunde dazu beitragen, an die Lebenswelten der Beteiligten angepasste, digitale Lösungen und Technologien (weiter) zu entwickeln – und zu verstehen, warum sich manche digitalen Lösungsansätze nicht durchsetzen.

So sinnvoll und praktisch das alles klingt, die Akzeptanz und damit der Wirkungsgrad von App-gesteuerten Systemen ist ernüchternd niedrig: auch wenn eine punktgenau eine Medikamenteneinnahme anmahnt, nehmen trotzdem mehr als 90% der Probant*innen ihre Medikamente trotzdem nicht ein.

Warum? Weil sich ein solcher App-Alarm ausstellen lässt und Vorhaben wie „erst trink ich den Kaffee aus, dann nehm‘ ich die Tabletten“ allzu oft vergessen werden. Eine Pflegekraft oder ein*e Angehöriger sind diesbezüglich hartnäckiger als jede technische Unterstützung.

Penetranz können allerdings die eingangs erwähnten Roboter ganz gut, einige scannen sogar, ob nach der Medikamentenaufnahme auch geschluckt wird. Und spätestens hier kommen wir nicht mehr darum herum uns zu fragen, ob alles, was technisch machbar auch ethisch vertretbar ist.
Darf eine KI die Körperfunktionen eines Menschen kontrollieren? Welche Persönlichkeitsrechte werden verletzt und wie viel persönlichen Kontakt sind wir bereit aufzugeben?

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